Nachts sind alle Katzen grau, sagt ein Sprichwort. Das gilt aber nicht für eine Kamera. Sie kann bei langer Belichtungszeit auch in der dunkelsten Umgebung ein farbiges Bild zaubern. Das kreative Spielen mit Licht und Dunkelheit in Verbindung mit Langzeitbelichtungen zieht mich immer wieder aufs Neue in den Bann. Neulich wurde ich gefragt, ob ich ein Tutorial zur Städtefotografie bei Nacht schreiben kann. Ich habe euch ein paar Tipps zusammengestellt aus meinen Erfahrungen, mit denen ich mir die Abendstunden um die Ohren schlage und euch helfen Städte bei Nacht richtig fotografieren.
Tutorial zur Städtefotografie – Städte bei Nacht richtig fotografieren
Jeder, der sich dem Themengebiet der Nachtfotografie stellt, sollte sich aber darüber bewusst sein, dass Geduld sowie Ausdauer Voraussetzung für überzeugende Aufnahmen sind. Auch muss man sich darüber im Klaren sein, dass man die Nacht mitunter quasi zum Tage macht und man einige – möglicherweise einsame Stunden – in der Dunkelheit verbringt.
Ist es schwierig eine tolles Nachtfoto mit Langzeitbelichtung zu fotografieren?
Nein, ist es nicht. Mit der richtigen Ausrüstung und dem technischen Wissen über die Kamera ist es kein Problem. Mit den folgenden Tipps solltet Ihr in der Lage sein relativ schnell zu ansehnlichen Nachtfotografien zu gelangen. Doch welche Kamera-Einstellungen solltest du verwenden bei Langzeitbelichtungen in der Nachtfotografie?
Kamera
Dass wohl wichtigste Gerät in der Fotografie ist ganz sicher die Kamera. Grundsätzlich eignet sich jede Kamera für die Städtefotografie bei Nacht. Worauf ihr achten müsst, ist dass eure Kamera nicht nur Automatik-Programme besitzt, sondern auch über einen manuellen Modus verfügt. Das ermöglicht euch den ISO-Wert, Blende und Belichtung nach euren Wünschen einzustellen. Die besten Ergebnisse erhältst du mit einer Spiegelreflexkamera (egal ob Sony, Nikon, Canon etc) oder mit einer Systemkameras, da bei beiden Kamerasystemen die passenden Objektive für jedes Themengebiet gewechselt werden können. Selbst mit Kompaktkameras könnt ihr tolle Nachtaufnahmen machen.
Verwende ein Stativ
Nachts ist wenig Licht vorhanden. Wenig Licht bedeutet wiederum lange Belichtungszeiten. Daher ist ein Stativ ein absolutes Muss bei der Nachtfotografie, um jede Art der Erschütterung zu vermeiden. Die Belichtungszeiten gehen gerne mal hoch auf 10-30 Sekunden. Ohne Stativ kommt es aufgrund der langen Belichtungszeit zu Verwacklungen. Es muss nicht gleich ein super teures Stativ sein. Ich nutze aktuell ein Sirui T-024X. Schaut einfach mal im Fotoladen eures Vertrauens oder bei Amazon im Stativ-Bereich.
Fernauslöser
Um jede kleine Erschütterung und Verwacklung zu vermeiden, empfiehlt es sich einen Fernauslöser für die Kamera zu verwenden. Ob Funk-, Infrarot- oder Kabelfernauslöser ist egal, Hauptsache man fasst die Kamera nicht an. Oft kommt es schon beim Drücken des Auslösers zu kleineren Bewegungen, die am Ende für unscharfe Bilder sorgen können. Für den Anfang tut es auch der Selbstauslöser mit einer Verzögerung von 2 bzw. 10 Sekunden. Die neuen Kameramodelle sind inzwischen mit WLAN ausgestattet, wodurch die Kameras mittels entsprechender App ausgelöst werden können und es so zu keinen ungewollten Verwacklungen im Bild kommt. Wenn das Bild gemacht wird: Hände weg von der Kamera!
Kameraeinstellungen bei der für Städtefotografie bei Nacht
Ich kann euch empfehlen alles selbst manuell einstellen, dann habt ihr die komplette Kontrolle über das Bild. Daher arbeite ich immer im manuellen Modus M.
ISO (Lichtempfindlichkeit): Lange Belichtungszeiten von mehreren Sekunden fördern das Rauschen im Bild. Gerade bei Nachtaufnahmen hat man oft große dunkle Flächen, die ebenfalls gerne rauschen. Daher sollte man mit der möglichst geringsten ISO-Zahl fotografieren, die die Kamera hergibt. Bei den meisten Kameras ist der geringste ISO-Wert 100 und ist bei mir auch ebenfalls auf 100 eingestellt. Sollte ein ISO-Wert von 100 aufgrund der Dunkelheit nicht mehr möglich sein, tut es auch ein Wert von 200 bis 600. Hier gilt aber: je niedriger der ISO-Wert, desto geringer das Bildrauschen.
Wenn der ISO-Wert sinkt, steigt die Dauer der Belichtungszeit an. Wenn du den ISO Wert erhöhst, verkürzt sich die benötigte Belichtungszeit, da der Sensor sensibler auf das eintreffende Licht reagiert. Zusätzlich nimmt mit höherem ISO-Wert das Bildrauschen zu, was auf den Bildern später als unschönes Grieseln sichtbar wird. Daher halte den ISO-Wert so niedrig wie möglich.
Blende: Deine Kamera ermöglicht das manuelle Einstellen der Blende. Die Blende der Kamera kann man mit der Pupille unseres Auges vergleichen: Diese öffnet bzw. schließt sich, um den Lichteinfall auf die Netzhaut zu regulieren. Genau dasselbe macht die Blende bei der Kamera: sie lässt je nach dem eingestelltem Wert mehr bzw. weniger Licht in das Objektiv bzw. auf den Kamerasensor. Die Blende ist immer Bestandteil eines Objektives und du erkennst den Blendenwert auf dem Display durch Zahlen wie 1.7, 5.6 oder 8.0. Meistens steht davor noch der kleine Buchstabe „f“.
Die schärfsten Blende an den meisten Objektiven ist übrigens oft zwischen f/8 und f/11 (Details gibt es hier zum Nachlesen). Daher empfiehlt es sich diese Werte als Standardeinstellung zu wählen. Ein guter Mittelwert ist die Einstellung der Blende auf den Wert 8. Damit macht man auf jeden Fall nichts falsch.
Autofokus oder manueller Fokus: Die meisten Kameras haben eine automatische Messfeldsteuerung, wodurch der Autofokus automatisch die verschiedenen Messfelder verwendet, um den optimalen Fokuspunkt zu finden. Je nach Kamera und Objektiv arbeitet der Autofokus gut bzw. schlecht. In der Nacht kommt es häufiger vor, dass der Autofokus keinen Fokuspunkt findet, weil der Kontrastumfang aufgrund der Dunkelheit zu gering ist. Befinden sich jedoch genug Strukturen im Bildausschnitt, ist es dem Autofokus meistens möglich etwas scharf zustellen. Wenn das Motiv es zulässt und der Autofokus gut arbeitet, nutze ich diesen (siehe Beitrag zum manuellen Fokussieren mit Fokus-Peaking).
Schafft es der Autofokus nicht das Motiv scharf zustellen, so bleibt einem nichts anderes übrig, als die Schärfe manuell einzustellen. Wenn deine Kamera einen LiveView besitzt, kannst du über diesen das Foto manuell scharfstellen. Schalte den Liveview an und vergrößere das Bild auf den Display. Die meisten Kameras haben hierfür eine Taste mit einer Lupe. Mit dieser Taste kannst du das LiveView Bild auf dem Kameradisplay vergrößern. Suche dir einen Bereich (z. B. Gebäude bei Stadtbildern) in deinem Motiv welcher es die ermöglicht, die optimale Schärfe gut einzuschätzen.
Belichtungszeit: Die Belichtungszeit bzw. Verschlusszeit regelt die Dauer der Belichtung. Die meisten Kameras können bis zu 30 Sekunden belichten im manuellen Modus. Alles darüber erfolgt dann über die „Bulb“-Belichtung. Mit dieser Einstellung kann ein Motiv so lange belichtet werden, wie der Auslöser gedrückt bleibt. Hierzu sollte dann aber ein Kabel- bzw. Funkfernauslöser benutzt werden, um Verwacklungen zu vermeiden. Aber was sind die Schritte zur richtigen Belichtung? Ich gehe meistens so vor:
- Stativ sowie Kamera aufstellen und gerade ausrichten (Bildkomposition lasse ich hier mal außen vor)
- Ich beginne meistens mit Blende 8 oder 11 und verwende für die ersten Aufnahmen den A-Modus.
- Belichtungsmessung setze ich auf die Matrixmessung, welche das gesamte Bild misst.
- Auslösen und Bild anschauen.
- Einstellungen für Belichtung merken und auf den M-Modus wechseln.
- Je nach erstem Eindruck des Testbildes nun im manuellen Modus die Belichtungszeit variieren und weitere Aufnahmen machen.
So kommt man nach einigen Aufnahmen zu einem ganz guten Ergebnis. Bei Dunkelheit ist es nahezu unmöglich ein Bild zu machen, das in allen Bereichen richtig und gleichmäßig belichtet ist. Man hat einfach zu viele sehr dunkle und sehr helle Bereiche und muss ggfs. auf Techniken wie HDR oder Digital Blending zurückgreifen. Das Histogramm ist das wichtigste Kontrollmechanismus, um die Belichtung zu überprüfen. Hat man viele überbelichtete Stellen im Bild, die keinerlei Zeichnung mehr aufweisen, so zeigt das Histogramm einen „Berg“ auf der rechten Seite. Anders herum zeigt das Histogramm am linken Rand einen Ausschlag, wenn sich Bildbereiche mit schwarzen Pixeln häufen. Ziel sollte es sein, so zu belichten, dass man möglichst wenig Pixel am ganz rechten und ganz linken Rand hat. Komplett vermeiden lassen wird sich das selten, da gerade die Nachtaufnahmen nun mal dunkle schwarze Bereiche und durch die Lichter ganz helle Bereiche aufweisen.
Tutorial zur Städtefotografie: Zusätzliche Tipps
RAW oder JPG
Ich fotografiere ausschließlich im RAW-Format. Das bedeutet zwar ein wenig mehr Arbeit in der Nachbearbeitung, bietet aber auch viel mehr Flexibilität und Möglichkeiten. Besonders bei der Nachtfotografie ist das RAW-Format zu bevorzugen, da es einfach viel mehr Farbinformationen enthält. Ein JPG-Bild hat meistens 8 Bit an Farbinformationen, RAW dagegen meist 10, 12 oder manchmal sogar 14 Bit. Diese höherer Bit-Zahl hilft besonders bei Bildern mit hohem Anteil an dunklen und hellen Pixeln, denn so können auch in diesen Bereichen noch Details mit gespeichert werden, die sonst komplett in Schwarz oder Weiss versinken würden.
Rauschunterdrückung
Wenn du im JPG-Format fotografierst, aktiviere die Rauschunterdrückung deiner Kamera. Bei den meisten Modellen führt diese Rauschunterdrückung selbst bei Belichtungen von mehreren Minuten zu sehr guten Ergebnissen. Die Rauschunterdrückung dauert immer genau so lange wie die Aufnahme selbst – eine Aufnahme von 30 Sekunden erfordert somit eine Wartezeit von 30 Sekunden für die Rauschunterdrückung. Im RAW-Format empfehle ich die Rauschunterdrückung zu deaktivieren, da dies in der Bildbearbeitungssoftware (bspw. Lightroom) angepasst wird.
Bildstabilisator abschalten
Wenn du ein Stativ verwendest, dann solltest du den Stabilisator abschalten. Die Kamera steht dann schon absolut ruhig und du läufst eher wieder Gefahr mit dem arbeitenden Stabilisator neue Schwingungen zu erzeugen statt sie zu vermeiden.
Motiv
Spannende und ungewöhnliche Perspektiven machen dein Bild zu einem Hingucker. Experimentiert einfach mit dem Bildausschnitt und der Perspektive und versuche ruhig mal ungewöhnliche Motive. Als Motive können beleuchtete Gebäude, Brücken, Flussufer mit Lichtern, Rücklichter fahrender Autos vom Straßenrand, Lichtinstallationen von Festivals als auch Feuerwerke dienen.
Richtiger Zeitpunkt
Mit dem passendem Zeitpunkt der Aufnahme kannst du auch die spätere Stimmung des Bildes beeinflussen: Dunkel ist nicht gleich Dunkel. Bevor die Sonne komplett verschwunden ist und die Motive nur noch durch Kunstlicht beleuchtet werden, gibt es die Blaue Stunde und beschreibt die Zeit zwischen der Dämmerung des Sonnenuntergangs und nächtlicher Dunkelheit sowie die Minuten vor dem Sonnenaufgang. Diese Bilder zeichnen sich meistens durch einen satten blauen Himmel und charakteristischer und stimmungsvoller Beleuchtung aus. Die blaue Stunde ist selten eine Stunde lang und verschiebt sich täglich. Daher ist ein Blick in den Blaue Stunde Rechner vor dem Shooting zu empfehlen.
Schnellanleitung: Städte bei Nacht richtig fotografieren
- Stativ aufbauen (möglichst stabiles Stativ verwendet (evtl. Gewicht anhängen)
- M Modus an der Kamera wählen
- ISO 100 an der Kamera wählen um möglichst wenig bis kein Rauschen im Bild zu haben – je niedriger der ISO Werte, desto rauschfreier das Bild
- Blende zwischen 8 und 11 an der Kamera wählen
- Streulichtblende verwenden als Schutz vor seitliches Licht
- Bildstabilisator ausschalten (grundsätzlich bei Stativaufnahmen)
- Weissabgleich auf Automatik
- RAW Format wählen wenn möglich
- Autofokus ausschalten und manuell fokussieren
- Fernauslöser wenn vorhanden nutzen. Ansonsten den Kamera Selbstauslöser verwenden.
Tutorial Städtefotografie: Raus in die Nacht!
Wie so vieles heißt es auch bei der Disziplin Nachtfotografie: Übung macht den Meister – egal wie viele Nachtfotografie Tipps du liest. Sei kreativ, es muss nicht immer das Haus vor deiner Nase sein. Setzt Objekte in den Vordergrund, laufe bei 30 Sekunden Belichtungszeit mal durchs Bild, stelle dich mit einem hellen Smartphone Display oder Taschenlampe vor die Linse und fuchtel wild umher (Stichwort Lightpainting). Es gibt viel zu entdecken in der Nachtfotografie. Viel Spaß beim Ausprobieren.